Heute stellen wir Ihnen die seit langen Jahren im Regionalverband Saarbrücken tätige Tagesmutter Doris Fries vor. Ihre Tätigkeit nahm sie bereits im Jahr 1989 auf. Inzwischen betreibt sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Sylvia Michels eine private Großtagespflegestelle im Saarbrücker Stadtteil Am Homburg. Im Erdgeschoss ihres Hauses steht eine Etage für die Kindertagespflege zur Verfügung. Das Interview stellt den Auftakt einer Portraitreihe dar, die die Vielfalt der Kindertagespflege im Regionalverband sichtbar macht.
Wie kamen Sie auf die Idee, diese Tätigkeit auszuüben?
Ich war bereits als Jugendliche als Babysitterin und Kinderbetreuerin in unserer Pfarrgemeinde tätig, immer auf ehrenamtlicher Basis, und habe auch Ferienbetreuung gemacht. Die Arbeit mit den Kindern hatte mich schon damals begeistert. Zudem bin ich die Älteste von sieben Kindern. Auch zu Hause half ich in der Betreuung meiner Geschwister mit und erinnere dies als sehr schöne und sinnvolle Aufgabe. Als ich selbst Mutter wurde, suchte ich mir eine Tagesmutter für meinen Sohn. Leider war er in den ersten Lebensmonaten sehr krank, und wir hatten lange gemeinsame Klinikaufenthalte. Es war daher sehr schwierig für ihn, sich auf die Betreuung bei der Tagesmutter einzulassen. So entschloss ich mich, mich einfach selbst zur Tagesmutter ausbilden zu lassen, und Familie und Beruf zu verbinden. Vor 33 Jahren absolvierte ich daher die erste in Saarbrücken stattfindende Qualifizierung und bin seitdem tätig.
Wie viele Kinder betreuen Sie?
Gemeinsam mit meiner Kollegin betreue ich zehn Kinder, außerdem Kinder an Wochenenden und dazwischen bin ich auch für die eigenen Enkelkinder da.
Was schätzen sie an Ihrer Tätigkeit?
Ich schätze, dass ich den Beruf immer gut mit meinem Muttersein verbinden konnte. Ich bin sehr sozial eingestellt und arbeite generell gerne mit Menschen. Insbesondere Kinder sind sehr ehrlich und liebenswert, so dass die Arbeit mit Ihnen mir viel gibt.
Was ist schwierig an Ihrem Job?
Es fällt mit sehr schwer, Familien abzusagen und Kinder abzulehnen, wenn alle Plätze voll belegt sind. Gerne würde ich mehr Kinder betreuen und wie in einer Großfamilie allen einen Platz schenken.
Aus der Sicht der Tageskinder: Was erlebt ein Kind bei Ihnen?
Es erlebt Zuverlässigkeit und Geborgenheit. Wir sind immer für die Familien und ihre Kinder da. Ein Kind erlebt bei uns Werte wie das Leben in einer großen Gemeinschaft, gemeinsames Kochen und Backen, soziale Regeln und gegenseitige Rücksichtnahme.
Aus der Sicht der Eltern: Warum ist mein Kind bei Ihnen gut aufgehoben?
Jedes Kind erfährt Zuwendung und Begleitung. Letztens verabschiedete sich eine Familie beim Übergang in die Kita mit diesen Worten: Wir hatten unser Kind zu Betreuungsbeginn wie in einen Kokon gehüllt abgegeben. Jetzt ist ein Schmetterling geschlüpft und fliegt.
Ihre Traumkindertagespflege in zehn Jahren: Wie sieht diese aus?
Mein Traum wäre ein Kinderhaus. Ein Haus für Kinder aller Altersstufen, offen für alle, an dem sie Rückzugsorte finden, eine Insel zum Spielen und Entspannen.
An welches ganz besondere Erlebnis in Ihrer Kindertagespflege denken Sie gerne zurück?
Ich betreute ein Kind aus einer Familie, in der es Trennung und auch einen Todesfall gab. Da die Mutter im Schichtdienst tätig war, betreute ich das Kind je nach Schicht tagsüber genauso wie über Nacht. Das Kind war dadurch viele Jahre lang sehr nah in unser Familienleben integriert. Als meine jüngste Tochter im Alter von einem Jahr getauft wurde, entschloss sich das inzwischen neun Jahre alte Tageskind, sich mit taufen zu lassen, sodass wir diese Familienfeste gemeinsam begehen konnten. Ich wurde Patin meines Tageskindes und dessen Mutter die Patin meiner Tochter. Das Erlebnis hatte mich sehr berührt.
Auf dem Foto sehen Sie die Tagesmütter Doris Fries und Sylvia Michels (von links).
Interview und Foto: Julia Afgan